Die Anfänge der Industrialisierung
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gab es in Fraureuth nur Bauern und Handwerker. Im Zuge der Industrialisierung Deutschlands wurde auch Fraureuth zu einem Industriestandort. In der näheren Umgebung nahm zunächst das Weberei- und Garnspinngewerbe den größten Aufschwung. Belegbar ist die von dem Greizer Georg Beck 1802 gegründete Wollkämmerei, die in der Dorfmitte von Fraureuth entstand.
1818 schlossen sich die Handwerker zu einer gemischten Innung zusammen. Ihr gehörten 28 Meister an, 1843 waren es schon 78.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Produktionsprofil des Beckschen Unternehmens geändert. Ein Enkel des Georg Beck, Georg Bruno Foedisch, sollte in das großväterliche Geschäft eintreten. Die Arbeit schien ihm jedoch nicht zu gefallen, denn er ging schließlich nach Glauchau und war dort acht Jahre in einer Stoffabrik tätig.
Von einem Verwandten erfuhr er etwas über die verlockende Möglichkeit der Porzellanherstellung und begab sich nach dem böhmischen Klösterle.
Fraureuther Porzellan
Dort ließ er sich von böhmischen Porzellinern in die Geheimnisse der Porzellanfertigung einführen. Als er 1865 nach Fraureuth zurückkehrte, begann er die alte Wollkämmerei in eine moderne Porzellanmanufaktur umzubauen.Gemeinsam mit seinem Cousin Arved von Römer, einem Rittergutsbesitzer aus dem nahegelegenen Unterpleis (heute Steinpleis), gründete er 1865 die "Porzellanfabrik von Römer und Foedisch Fraureuth".
Böhmische Porzelliner lernten die einheimischen Arbeiter an. Die Produktion konnte dann 1867 mit 60 Arbeitern und zwei Rundöfen anlaufen. Die Fabrik wurde ständig vergrößert. Schließlich bedeckte sie eine Fläche von 73328 m2. In den 29 Gebäuden waren später 12 große Brennöfen in betrieb, 1885 waren 600 Arbeitnehmer beschäftigt. Kurz vor dem 1. Weltkrieg waren es 1500. Für die Produktion bezog man die Mineralien Feldspat und Kaolin aus Böhmen und Bayern und die Kohle aus dem Zwickauer Revier. Der Absatz der Erzeugnisse entwickelte sich weltweit. Musterlager in Berlin, Wien, Hamburg und London sowie Vertreter hier, wie in Paris und Mailand, unterstützten den Vertrieb. Die Fraureuther holten sich zunächst ihre Arkanisten aus Bayern und Böhmen.
Die ersten Erfolge
Nach dem Tod Bruno Foedischs 1885 wandelte die Witwe Foedisch und Römer die Fabrik 1891 in eine Aktiengesellschaft um. Die Arbeit in der Fabrik - im Akkord - war hart. Der ständige Wechsel von Hitze und Kälte, Zugluft, Wasser Staub, Bewältigung des umfangreichen Transports - Heben und Senken, fast ohne technische Hilfsmittel - belastete die Menschen. Viele Porzelliner litten an Auszehrung, Schwindsucht und Tuberkulose, viele verstarben früh.
Die Fabrik hatte viele Einrichtungen für das Gemeindewohl, so zum Beispiel eine Malerschule, Speiseanstalt, Sparkasse, Krankenhaus, Wasserleitung und Feuerwehr. Es kam aber auch hier zu harten Auseinandersetzungen zwischen den gut organisierten Arbeitern und der Gesellschaft. So wurde 1911 für 26 Wochen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen gestreikt. 1912/13 geriet die AG in leichte Turbulenzen, die durch eine technische Reorganisierung wieder ausgeglichen werden konnte. 1913 erwarb der Kaufmann Felix Singer das Aktienpaket des Hauptaktionärs Kommerstädt. Bei den Fraureuthern erlangte er keine Anerkennung.
Der erste Weltkrieg brachte der Fabrik keine finanziellen Einbußen. 1916 hatten die Umsätze die höchsten Friedenszahlen überschritten. Zur Leipziger Herbstmesse 1916 brachte die Firma Neuheiten in Form, Farbe und Dekor heraus, welche von den Kritikern als "Hervorragend schön" bewertet wurden. Während des Krieges stellten die Fraureuther Kaiser, Könige, Zeppeline und U-Boote auf Vasen und Tellern dar. Sonst blieben sie aber ihrem Prinzip treu: Was sie fertigen, war praktisch, schlicht und schön. Der Grundsatz der Firma lautete: Porzellan soll Freude machen!
Nach dem Aufstieg folgt der Fall
Mitte 1919 übernahm Fraureuth die Wallendorfer Manufaktur im Thüringer Wald, welche für seine Kaffee- und Teegeschirre nach Meißner Vorbild und die figürliche Plastiken bekannt war. An Wallendorf angeschlossen war die Malerei in Lichte. Dies bedeutete eine Arbeitsteilung: In Fraureuth wurde fortan hauptsächlich Gebrauchs- und Luxusgeschirr in reicher Auswahl und in allen Preisklassen hergestellt. Das wichtigste Standbein der Firma war der Export, hauptsächlich in die USA. Bevorzugte Kunden waren auch nationale und internationale Schifffahrtslinien.
Die Inflation hatte für die Firma verheerende Folgen. Die Fraureuther Erzeugnisse waren in dieser Zeit der totalen Geldentwertung, aufgrund ihrer sehr guten Qualität, für den Inlandsmarkt zu teuer. Das wichtigste Inlandsgeschäft brach ab, da sich nur noch billige Massenware geringer Qualität verkaufen ließ. Geld konnte nur noch im Ausland verdient werden. Nachdem 1922 noch 25 Millionen Mark in den Wohnungsbau und 50 Millionen Mark in die neue Geschirrfabrik (Inbetriebnahme im Februar 1923) fließen, geht es ein Jahr später bergab. Die Firma ist hoch verschuldet. Die Kreditoren halten das Geld zurück, größere Aufträge müssen abgelehnt werden . 1925 legt Fraureuth die Tunnelöfen still. Am 30. September 1925 scheidet Generaldirektor Singer aus dem Vorstand aus. Im Januar 1926 wurde Konkurs angemeldet, zum 31. März 1926 wurde dem gesamten kaufmännischen und technischen Personal gekündigt